Der
Wolf im Spannungsfeld zwischen

Verklärung und Dämonisierung
Kaum ein heimisches Tier erregt
die Gemüter so sehr, wie der Wolf.
In Märchen und Mythen als Inbegriff
des Bösen stigmatisiert, umweht den Canis Lupus auch heute
noch der Hauch der Angst, des Unberechenbaren und Unheimlichen.
So wurde der Wolf in Deutschland
unbarmherzig verfolgt und so lange bejagt, bis man ihn vor
mehr als 100 Jahren schließlich ausgerottet hatte.
Daneben gab und gibt es andere
Strömungen, nämlich solche, die dem Wolf magische Kräfte zuschreiben,
ihn idealisieren, vermenschlichen oder gar esoterisch, übersinnlich
verklären.
Beide Extreme werden diesem faszinierenden
Wildtier nicht gerecht.
Wir sollten den Wolf einfach
als das betrachten, was er ist:
Ein heimisches Wildtier, ein hoch sozialer Beutegreifer,
integraler Bestandteil unserer heimatlichen Fauna und
dabei überaus intelligent und anpassungsfähig.
Nun ist der Wolf in den
1990er Jahren nach Deutschland zurückgekehrt. Die ersten
Wölfe wanderten aus Polen ein. Im Jahr 2000 wurde in
der Lausitz der erste „heimische“ Wurf nachgewiesen
und dokumentiert.
Seitdem gibt es hierzulande
wieder Nachweise von Wölfen in 8 Bundesländern.
Die Anwesenheit von Wölfen
trifft erwartungsgemäß nicht nur auf Zustimmung. Nicht
wenige Menschen begegnen seiner Rückkehr nach Deutschland
mit Zweifeln, Unsicherheit, Ablehnung oder gar Angst.
Nutztierhalter fürchten
verständlicherweise um ihre Kälber und Schafe.
Der eine oder andere Waidmann fordert gar, den streng
geschützten Wolf zum Abschuss freizugeben.
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Gehegewolf, Foto: Ursula Sack
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Hauptbeute des Wolfes ist tatsächlich
Schalenwild, und, weil manchmal bequemer zu erbeuten, auch
ungeschützte Nutztiere wie z.B. Schafe.
Die Verlockung, sich an weidende
Schafe heranzumachen, ist für ein Raubtier wie den Wolf freilich
groß. Warum sich mehr anstrengen als notwendig, wenn die Beute
weitgehend ungeschützt in der Nähe weidet und der Tisch reich
gedeckt ist. Schutzmaßnahmen für die Weidetiere
werden mittlerweile in Sachsen staatlich gefördert.
Wurden Tiere nachgewiesenermaßen
von einem Wolf gerissen, gibt es überdies Entschädigungszahlungen,
sofern sie bestmöglich vor Wolfsangriffen geschützt
waren.
So ist der Wolf ins Spannungsfeld
zwischen engagiertem Naturschutz und teilweise offene Ablehnung
geraten.
Seit Jahren scon gibt es das
Wolfsmonitoring, bei dem mit großem Aufwand die heimischen
Wolfsvorkommen beobachtet, Rudelstärke und Populationsdichte
dokumentiert werden. Sowie zahlreiche Schutzprojekte, die
unter anderem um Aufklärung und sachliche Information über
freilebende Wölfe bemüht sind. Wie zum Beispiel das Wolfsprojekt
des NABU e.V. "Willkommen Wolf", das ich als Wolfsbotschafterin
unterstütze.
Seit einigen Jahren hat der Wolf
auch einige Regionen Brandenburgs wiederbesiedelt und auch
hier erfolgreich Welpen großgezogen.

Rudel im Gehege, Foto: Ursula Sack
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Neben allem Bestreben
um sachliche Aufklärung seitens der Wolfsprojekte,
lassen es sich Teile der Medien leider nicht nehmen,
gezielt Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Überschriften
in großen Lettern wie „Wölfe vor Berlin“ oder „Berlin
jetzt Wolfsrevier“ (beide Berliner Kurier) zeichnen
vom Wolf das Bild eines blutrünstigen Killers.
Erst recht, wenn großformatige Fotos von zähnefletschenden
Wölfen die Botschaft unterstreichen.
Wölfe besitzen ein weitaus
differenzierteres Ausdrucksverhalten als ihre domestizierten
Nachfahren, unsere Haushunde.
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Ihre innerartliche Kommunikation
ist hoch ritualisiert, körpersprachlich und mimisch ausgesprochen
ausdrucksstark.
Das Zähnefletschen als Botschaft
an ihr Gegenüber ist lediglich Teil dieser Kommunikation und
gehört unmittelbar zum allgemeinen Wolfsverhalten dazu. Insofern
gilt das Fletschen den Artgenossen, nicht ihrer Beute oder
gar dem Menschen.
Der Mensch gehört ohnehin nicht
zum Beuteschema des Wolfes. Im Gegenteil: Der Wolf meidet
den Menschen, wo immer er kann, weicht ihm systematisch aus.
Ein Grund, warum es ausgesprochen schwierig ist, in Deutschland
einen freilebenden Wolf zu Gesicht zu bekommen.
Was man von ihm finden kann,
sind seine Spuren. Pfotenabdrücke in Sand und Schnee, seinen
Kot oder Reste von erbeuteten Tieren. Manchmal läuft ein Exemplar
in eine aufgestellte Fotofalle. Einige Tiere wurden mit Sendern
versehen, um ihre Wege und Aufenthaltsorte zu dokumentieren.
Wolfsbeobachter verbringen mitunter Tage in den Wolfsrevieren,
um eventuell ein Exemplar vor die Linse zu bekommen.
Mich persönlich erfüllt es mit
großer Freude, dass der Wolf als Urahn unserer Haushunde wieder
heimgekehrt ist, sich seine ökologischen Nischen in Deutschland
erobert hat und erfolgreich Nachwuchs groß zieht.
Wölfe waren zudem großartige
Lehrmeister während meines Studiums der Tierverhaltenstherapie.
Ihnen verdanke ich während meiner intensiven Wolfsbeobachtungen
zum Verhaltensindex wertvolle Aufschlüsse über ihr ausgeprägtes
Sozial- und Ausdrucksverhalten. Wölfe lehrten mich, herkömmliche
Ansichten über „Rudelhierarchie" von Grund auf zu überdenken.
Von ihnen lernte ich, Begriffe wie „Alpha“ und „Dominanz“
mit ganz neuen Augen zu sehen. Dank ihnen verstand ich, daß
so manche tradierten Ansichten über Hundeverhalten, die
sich immer wieder gern auf den Wolf berufen, zumeist menschliche
Fehlinterpretationen sind.
Denn ein Rudel freilebender Wölfe
ist nichts anderes, als eine Wolfs-Familie, meist bestehend
aus drei Generationen. Wolfseltern sind fürsorglich,
geduldig und freundlich.
Tradierte Überzeugungen
und Berichte über einen alles bestimmenden und sein Rudel
knechtenden "Alpha"-Wolf sind nachweislich falsch
und dürfen getrost ins Märchenland verschoben werden.
Die Unsicherheit vieler Menschen in
Bezug auf freilebende Wölfe gilt es, ernst zu nehmen.
Ihr kann nur durch Verständnis, Aufklärung und sachliche
Information begegnet werden.
Auch das gehört unmittelbar zum
Wolfsschutz dazu.
Denn der Wolf braucht engagierte Freunde
und Fürsprecher!
Er braucht unseren Schutz und unser Wohlwollen.
In Deutschland, in Europa und überall auf der Erde.
Diese Seite will durch Bereitstellung
von Informationen und Berichten zum Wolf hierzu einen
Beitrag leisten.
Weitere Beiträge folgen.
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Jugendlicher Gehegewolf, Foto: Ursula Sack
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Mit herzlichen Grüßen
Ursula Sack
Wolfsfreundin und NABU-Wolfsbotschafterin

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